Stimmen aus aller Welt, spannende Reportagen, anrührende Schicksale: Radio-Geschichten sind wie Kino für die Ohren. An jedem ersten Mittwoch im Monat präsentieren Beate Hoffmann und Charly Kowalczyk um 19:30 Uhr ein Radio-Feature im Alten Fundamt, Auf der Kuhlen 1A, 28203 Bremen. Der Eintritt frei. Weitere Informationen zu den Terminen und zu den Hygienebedingungen sind zu finden auf www.bremer-hoerkino.de.
Veranstaltet von
Beate Hoffmann und Charly Kowalczyk
Bremer Medienbüro
Elsasser Straße 27
28211 Bremen
2. Februar 2022, 19.30 Uhr
von Charly Kowalczyk
Jeder EU-Bürger darf in allen Ländern der Europäischen Union arbeiten, ohne eine Arbeitserlaubnis beantragen zu müssen. Die Arbeitsimmigranten sollen genauso behandelt werden wie die Staatsangehörigen des Aufnahmelandes. Doch die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt sieht oft anders aus, vor allem für Menschen aus osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten.
Bezahlte Vermittlerinnen und Vermittler im Heimatland versprechen ihnen gut bezahlte Jobs in Deutschland. Ohne Sprachkenntnisse machen sie sich auf den Weg. Ihre Rechte kennen sie nicht. Mit Werk- und Leihverträgen ausgestattet, werden sie in Sammelunterkünften untergebracht und müssen dafür überzogene Mieten zahlen. Sie schuften für geringe Löhne in Schlachtbetrieben, in Pflegediensten oder auf dem Bau. Aus dem Traum wird ein Alptraum. Dennoch wollen die meisten in Deutschland bleiben.
2. März 2022, 19:30 Uhr
von Marc Bädorf
Im Juli 2021 überschwemmt ein Jahrhundert-Hochwasser den Westen Deutschlands. Menschen sterben, verlieren ihr Zuhause, ihre wirtschaftliche Existenz – auch die Familie des Autors ist betroffen. Ein Tagebuch über den schwierigen Neubeginn.
Es begann mit Regen, der stärker und stärker wurde, anhielt bis in die Nacht. Als er wieder aufhörte, hatte er Zerstörung unvorstellbaren Ausmaßes hinterlassen. Kleine Bäche waren als reißende, dutzende Meter breite Ströme durch Dörfer und Städte gerast, hatten Keller gefüllt, Häuser mitgerissen, Menschen. Auch Familie, Freunde und Bekannte des Autors, die im Kreis Euskirchen leben, traf das Wasser. Sie mussten aus ihren Wohnkellern ausziehen, ihr Restaurant entrümpeln, eine Kindertagesstätte so schnell wie möglich wieder ans Laufen bringen, das Geschehene verarbeiten, Anträge ausfüllen, ohne Heizung leben, Handwerker suchen, ihre Zukunftsangst bewältigen. Sie mussten neu anfangen. Doch konnten Sie das?
6. April 2022, 19:30 Uhr
von Michael Weisfeld
Zwei Frauen, 59 und 67 Jahre alt, treffen sich regelmäßig und reden über ihre Familien. Hanna ist Jüdin, sie verlor fast alle ihre älteren Verwandten während des Zweiten Weltkrieges. Claudias Eltern, Onkel und Tanten waren überzeugte Nazis. Im Radio-Bremen-Feature von Autor Michael Weisfeld treffen die Nachfahren von Opfern und Tätern aufeinander.
Bei Geburtstagen sangen sie noch in den sechziger Jahren SA-Lieder. Claudia saß auf dem Schoß ihrer Großmutter und sang mit. Als Jugendliche rebellierte sie und lebte jahrelang im Streit mit ihrer Familie – besonders mit ihrem Vater. Die Jüdin Hanna erfuhr unterdessen das Schweigen und die Traumata ihrer Verwandten, die dem Tod entkommen waren, viele mit knapper Not. Seit Jahren demonstriert Claudia gegen Neonazis. Sie engagiert sich in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit gegen rechts, während Hanna für radikale Versöhnung eintritt, was Claudia immer wieder überrascht.
4. Mai 2022, 19:30 Uhr
von Martina Keller
Die Freiheit, sich zu töten und dafür die Hilfe von Dritten in Anspruch zu nehmen, sei verfassungsrechtlich geschützt, sagt das Bundesverfassungsgericht 2020 in einem historischen Urteil. Anspruch auf Suizidassistenz haben nicht bloß todkranke Menschen, sondern alle, wenn sie nur selbstbestimmt entscheiden. Es spielt also keine Rolle, ob man jung oder alt ist, gesund oder krank oder ob man einfach nur das Leben satt hat.
Fehlende Hilfe könne Menschen den Lebensmut rauben, warnen Kritiker: Vielen Betroffenen mit hohem Unterstützungsbedarf fehle nicht die Möglichkeit, sich selbst zu töten, sondern die Möglichkeit, gut zu leben. Sterbehelfer leisten ihre Dienste bereits in Altenheimen. Politiker planen flächendeckende Beratungsstellen für die Suizidhilfe. Psychiater dagegen beklagen das Fehlen niedrigschwelliger Angebote für die Prävention. Die Verfassungsrichter wollen den Suizid nicht zu einer gesellschaftlichen Normalität werden lassen. Doch lässt sich das verhindern?
1. Juni 2022, 19:30 Uhr
von Florian Felix Weyh
Gut sprechen kann der Autor und Moderator Florian Felix Weyh. Aber wenn er seine Stimme zum Gesang erhebt, wird es peinlich für ihn und peinigend für andere. Er kann nicht singen und beherrscht die Technik nicht. Was tun? Er hat Panik, dass er sich mit seinen schiefen Tönen bis aufs Mark blamiert und bekommt Herzrasen. Trotzdem will er seit jeher singen. Soll er bis ans Lebensende die Stimmbänder davon lassen und souverän ein sprechender Nichtsänger bleiben? Oder sich wagemutig aufs Feld von Scham und Scheitern begeben?
Gewiss ist er kein Einzelfall, das beweisen »Ich-kann-nicht-Singen«-Chöre in etlichen Städten. Also heißt es Leidensgenossen suchen, Rat und Schulung in Anspruch nehmen und dem Risiko ins Auge blicken, dass er am Ende als komplett amusischer Mensch dasteht.
7. September 2022, 19:30 Uhr
von Jens Schellhass
Sieben Tage und Nächte hat der Feature-Autor Jens Schellhass in einem Alten- und Pflegeheim verbracht, um hier dem Alter und dem Weg zum Tod auf die Spur zu kommen.
Er begegnet Menschen, die gerade ihr Zuhause verlassen haben, die sich mit nachlassender Kraft von Körper und Geist auseinandersetzen müssen, die dem Vergessen ausgesetzt sind. Während seiner Reise ans Ende des Lebens ist Jens Schellhass so vor allem dem Abschied und dem Vergessen in vielfältiger Form begegnet, und einer Haltung, mit der die Menschen ihre schwindenden Kapazitäten und Möglichkeiten tragen.
Das Feature sucht nach dem Glück im Alter, nach der Kraft, die nachlassenden Kräfte zu ertragen, und erzählt anrührende Lebensgeschichten. Eine sinnsuchende und heitere Geschichte gleichermaßen. Die Aufnahmen für diese Sendung sind vor dem ersten Corona-Lockdown im Jahr 2020 entstanden. Das Feature wurde mit dem Deutschen Radiopreis 2021 ausgezeichnet: »Brilliant, authentisch und bewegend« urteilte die Jury.
5. Oktober 2022, 19:30 Uhr
von Kathrin Reikowski
2018 wurde kaum ein Film weltweit so stark diskutiert wie Black Panther. Der Superhelden-Film strahlt schwarzes Selbstbewusstsein aus und zeigt ein fiktives afrikanisches Land, das extrem fortschrittlich ist. Der senegalesische Ökonom Felwine Sarr liest in Europa vor vollen Häusern aus seinem Essay »Afrotopia«. Das Buch stellt unsere Vorurteile gegenüber Afrika auf den Kopf und propagiert die These: Afrika ist nicht der Kontinent der Katastrophen und Probleme. Afrika hat im Gegenteil Lösungen anzubieten, von denen die ganze Welt profitieren kann.
Woher kommt dieses neue afrikanische Selbstbewusstsein? Ist die Aufbruchstimmung auch in Afrika selber zu spüren? Was ist wirklich dran an der Utopie von »Afrotopia«? Um diese Fragen zu beantworten, reist Radiofeature- Autorin Kathrin Reikowski an einen der Hotspots dieser Entwicklungen: die Metropole Dakar im Senegal. Bei ihren Recherchen stellt sie schnell fest, dass viele Vision noch weit von der Realisierung entfernt sind. Aber sie findet sie auch: Die Menschen, die an einem anderen Afrika arbeiten. Ende Februar wird im Senegal ein neuer Präsident gewählt.
2. November 2022, 19:30 Uhr
von Maike Hildebrand
Aus den Augen, aus dem Sinn – nach diesem Motto ließen die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg gewaltige Mengen Munition vor den deutschen Küsten versenken. Die Bergung der explosiven und hochgiftigen Altlast drängt – und sie wird teuer. Granaten, Giftgas und Fliegerbomben aus den Arsenalen der Wehrmacht, Material der Alliierten, für das der Rücktransport zu aufwendig schien – dazu See-Minen und Munitionstransporter, die schon vor Kriegsende auf dem Meeresboden landeten.
Lange wurde das Problem klein geredet und verdrängt. Sprach man vor drei Jahrzehnten noch von ein paar zehntausend Tonnen, so gehen Meeresbiologen heute davon aus, dass mehr als eine Million Tonnen versenkter Munition die Küstengewässer von Nord- und Ostsee zunehmend unsicher machen. Nicht nur Fischer, Strandwanderer und Konstrukteure von Offshore-Windparks müssen mit Explosionen von durchgerostetem Kriegsschrott rechnen; oft hat sich der enthaltene Sprengstoff auch chemisch zersetzt und schädigt bereits verschiedene Meerestierarten. Doch schon die Kartierung der Altlasten ist mühsam.
7. Dezember 2022, 19:30 Uhr
von Jessica Braun
Schon lange arbeitet die Wissenschaft daran, die gesunden Lebensjahre des Menschen auszudehnen. Nun scheint sich ein Durchbruch abzuzeichnen. Im Selbstversuch testet die Autorin Jessica Braun die vielversprechendsten der neuen Anti-Aging-Ansätze. Und stößt dabei nicht nur an körperliche, sondern auch an persönliche und sogar ethische Grenzen. Seit die Menschen verstanden haben, dass sie altern, suchen sie auch nach Mitteln dagegen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat es 2018 klassifiziert: »Code MG2A: hohes Alter«. Altern ist damit nicht mehr unabwendbares Schicksal. Es ist eine Krankheit, die Behandlung erfordert.
Jessica Braun startet den Selbstversuch mit einer umfassenden Bestandsaufnahme ihrer Alterserscheinungen und sucht nach den Faktoren, die das Altern ausbremsen können. Eisbäder, Meditation, Krafttraining, Sauerstofftherapie, Nahrungsergänzungsmittel, Fasten, Medikamente – was wirkt, was hat Nebenwirkungen und was ist bloß Geldschneiderei? Macht der Ausstieg Einzelner aus dem Altern die Welt für die Mehrheit nicht nur immer ungerechter?