Was ist virtuelles Wasser?
Virtuelles Wasser bezeichnet Wasser, das für die Herstellung von Produkten unter Berücksichtigung aller Produktionsschritte tatsächlich aufgewendet wird. Dabei ist es egal, ob das Wasser im Endprodukt enthalten ist oder nur für einen Herstellungsschritt benötigt wird.
Dahinter steckt die Absicht, alle Vorkommnisse von Wasser sowie jeglichen Einsatz der Ressource Wasser zu erfassen, um ein besseres Bild über Probleme wie Wasserknappheit zu bekommen. Der Begriff sowie das Konzept des virtuellen Wassers wurde vom englischen Geographen John Anthony Allan geprägt, der 2008 dafür ausgezeichnet wurde.
Die Arten von virtuellem Wasser
Das virtuelle Wasser, das den versteckten Wasserverbrauch von Produkten anzeigt, kann in mehrere Arten unterteilt werden. Entscheidend dabei ist die Quelle des Wassers.
Grünes virtuelles Wasser
Grünes virtuelles Wasser bezeichnet Regenwasser, das von Pflanzen aufgenommen oder im Boden gespeichert wird. Dieses Wasser spielt vor allem für die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine wichtige Rolle.
Blaues virtuelles Wasser
Blaues virtuelles Wasser umfasst Grundwasser sowie Wasser aus Seen, Flüssen und anderen Gewässern. Es muss technisch gefördert werden und wird zum Beispiel für die künstliche Bewässerung oder für industrielle Zwecke verwendet.
Graues virtuelles Wasser
Graues virtuelles Wasser bezeichnet Wasser, das beim Herstellungsprozess verunreinigt wird – es ist ein Maß für die Wasserqualität. Alternativ kann es auch das Wasser beschreiben, das nötig wäre, um bei Herstellungsprozessen verunreinigtes Wasser zu verdünnen und wieder nutzbar zu machen.

Virtuelles Wasser & der Wasserfußabdruck

Wird der direkte und indirekte Wasserverbrauch einer Person, eines Produkts, eines Unternehmens oder einer Region zusammengenommen, so bildet das den sogenannten Wasserfußabdruck.
Dieser wird noch einmal in die Anteile von grünem, blauem und grauem Wasser unterteilt und zeigt so, welches Wasser wie in bestimmten Gebieten eingesetzt wird. Grünes virtuelles Wasser ist normales Regenwasser, weshalb ein hoher Anteil davon eher unproblematisch ist. Der Anteil von grauem und blauem virtuellem Wasser ist hingegen ein guter Indikator dafür, wie umweltschädlich zum Beispiel ein Produkt möglicherweise ist.
Ebenfalls entscheidend bei der Betrachtung des Wasserfußabdrucks einer Region ist, wie viel Wasser in der Region verfügbar ist. Ein großer Wasserfußabdruck in einer wasserreichen Region ist weniger problematisch als ein großer Wasserfußabdruck in einer wasserarmen Region.
Tipp: Die Metapher vom Fußabdruck wird häufig im Kontext von Umweltschutz verwendet. So erfahren Sie in unserem Beitrag zum Kohlenstoffkreislauf mehr über den CO2-Fußabdruck und in unserem Beitrag Nachhaltiger leben mehr über den ökologischen Fußabdruck.
Beispiele für den virtuellen Wasserverbrauch
Oft wird der Begriff virtuelles Wasser im Zusammenhang mit Lebensmitteln genutzt, doch gilt dieser eigentlich für alle Arten von Produkten. Um den teils enormen Wasserverbrauch von Produkten mit Zahlen zu verdeutlichen, finden Sie hier eine beispielhafte Liste von Produkten mit ihrem ungefähren Wasserverbrauch in Litern.
Virtueller Wasserverbrauch – Liste
- Ein Mikrochip ≙ 32 Liter
- Eine Tasse Kaffee ≙ 140 Liter
- 1 Kilogramm Papier ≙ 750 Liter
- 1 Liter Milch ≙ 1.000 Liter
- 1 T-Shirt aus Baumwolle ≙ 2.000 Liter
- 100 Gramm Schokolade ≙ 2.400 Liter
- 1 Kilogramm Reis ≙ 2.500 Liter
- Eine Jeans ≙ 6.000 Liter
- 1 Kilogramm Mandeln ≙ 10.000 bis 15.000 Liter
- 1 Kilogramm Rindfleisch ≙ 15.000 Liter
Der Import & Export von virtuellem Wasser
Da für die Herstellung von Produkten viel sauberes Wasser benötigt wird, kann das Konzept von virtuellem Wasser weitergesponnen und auf den globalen Handel ausgeweitet werden.
Durch den Import von Produkten wird beispielsweise ebenfalls virtuelles Wasser importiert. Diese Tatsache ist besonders für wasserarme Länder bedeutsam. Denn statt eine Ware oder ein Produkt mit hohem Wasseraufwand selbst herzustellen, kann es in diesen Ländern von Vorteil sein, ein derartiges Produkt aus dem Ausland zu importieren, um im Inland Wasser zu sparen.
Andersherum wird durch den Export von Produkten virtuelles Wasser aus dem eigenen Land in ein anderes exportiert. Das für das Produkt aufgewendete Wasser kann dann nicht mehr anderweitig im Inland verwendet werden. Die übermäßige Nutzung von Wasser für Exportgüter kann in denjenigen Ländern deshalb zum Problem werden.
Auch wenn das nicht immer transparent ist, existiert über den Handel von Produkten auch eine Art globaler virtueller Wasserhandel, der besonders bei Exportüberschüssen für bestimmte Länder bzw. deren Einwohnerinnen und Einwohner* zu Problemen wie Wasserknappheit führen kann. Die Ressource Wasser darf dementsprechend nicht nur als Trinkwasser betrachtet, sondern muss ganzheitlich gedacht werden.
Unter dem Strich erlaubt der virtuelle Wasserverbrauch als "Messinstrument" eine gute Indikation dafür, wie viel Wasser für die Herstellung von gewissen Produkten und Waren benötigt wird. Das kann Verbrauchenden – sofern die notwendigen Informationen verfügbar sind – dabei helfen, fundiertere Kaufentscheidungen zu treffen, wasserkritische Produkte zu hinterfragen, virtuelles Wasser zu sparen und den eigenen Wasserfußabdruck zu verringern.
*
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.