Was ist Geothermie?
Geothermie beschreibt die energetische Nutzung der im Erdinneren gespeicherten Wärme. Diese thermische Energie entsteht unter anderem durch den natürlichen Zerfall bestimmter radioaktiver Elemente im Gestein.
Auf dem Weg in die Tiefe steigt die Temperatur in Mitteleuropa pro 100 Meter um etwa drei Grad Celsius. Dabei handelt es sich um einen Mittelwert. Denn je nach Region können diese Werte stark variieren. In vulkanisch aktiven Regionen steigt die Temperatur teils um mehr als 20 Grad Celsius pro 100 Meter.
Durch gezielte Bohrungen kann die Erdwärme gewonnen und nutzbar gemacht werden – zum Beispiel zur Stromerzeugung, zum Heizen oder sogar Kühlen.
Die zwei Arten von Geothermie
Bei Erdwärme wird zwischen der Tiefengeothermie und der oberflächennahen Geothermie unterschieden. Das unterscheidet beiden Geothermiearten:
Oberflächennahe Geothermie
Erdwärmenutzung aus bis zu 400 Metern Tiefe wird als oberflächennahe Geothermie bezeichnet. Die dabei gewonnene Wärme gehört zur sogenannten Umgebungswärme. Da die Temperaturen in dieser Tiefe noch nicht hoch genug sind, werden z. B. Wärmepumpen eingesetzt, um die Temperatur auf ein nutzbares Niveau für Heizung oder Warmwasser zu heben. Diese Art der Geothermie wird vor allem bei privaten Wohnhäusern oder kleineren Gebäuden eingesetzt.
Tiefengeothermie
Die Tiefengeothermie bezeichnet jegliche Nutzung von Erdwärme aus Tiefen von mehr als 400 Metern. Dabei wird meist vier bis fünf Kilometer tief in die Erde gebohrt. Die Temperaturen in dieser Tiefe sind deutlich höher und liegen teils bei über 100 Grad Celsius – ideal, um sich die Wärme zunutze zu machen. Die Tiefengeothermie kommt vor allem bei der Industrie zum Einsatz.
Wie funktioniert Geothermie?
Die Funktionsweisen zur Nutzung von Erdwärme unterscheiden sich je nach Art der Geothermie. Wir zeigen Ihnen, wie die Erdwärmegewinnung mit Wasser als Medium funktioniert.
1. Bohrungen & Rohre verlegen
Zunächst werden Erdbohrungen durchgeführt. Wie tief gebohrt werden muss, hängt von der Nutzungsweise ab. Danach werden spezielle Rohre verlegt, die der Hitze und dem Druck im Erdinneren standhalten können.
2. Wärmeaufnahme im Erdreich
Sind die Rohre verlegt, wird die Erdwärme meist über Wasser in den Rohren aufgenommen. Dafür wird entweder kaltes Wasser durch die heißen Gesteinsschichten in der Tiefe erhitzt oder heißes, unterirdisches Wasser aus natürlichen Wasserreservoirs entnommen und an die Oberfläche gepumpt.


3. Nutzung/Umwandlung der Wärmeenergie
An der Oberfläche kann die Wärmeenergie genutzt werden – entweder zu Heizzwecken, indem die Wärme z. B. Fernwärmenetzen zugeführt wird, oder zur Stromerzeugung mittels eines Geothermiekraftwerkes. In einem solchen Kraftwerk treibt der gewonnene Wasserdampf Turbinen zur Stromgenerierung an.
Übrigens: Weil der Siedepunkt von Wasser mit 100 Grad Celsius sehr hoch liegt, werden teilweise andere Flüssigkeiten als Arbeitsmedium genutzt (Organic Rankine Cycle). Eine beliebte Methode ist die Verwendung eines Ammoniak-Wasser-Gemischs (Kalina Cycle), welches schneller verdampft und effizienter Turbinen antreiben kann.
4. Rückführung des Wassers
Nachdem das heiße Wasser seine Wärmeenergie abgegeben hat und abgekühlt ist, wird es zurück in die Erde transportiert. Dort kann es sich wieder aufheizen und der Kreislauf beginnt von vorn.
Nutzungsbeispiele von Geothermie
1. Private Nutzung per Wärmepumpe
Wärmepumpen werden im Rahmen der privaten Geothermie eingesetzt. Sie nutzen die Umgebungswärme, um zum Beispiel das Haus zu heizen. Zur Wärmegewinnung werden Erdwärmesonden oder Erdwärme-Flächenkollektoren installiert.
Erdwärmesonden werden in rund 50 bis 160 Meter tiefe, vertikale Bohrungen eingesetzt. Innerhalb der Sonden befindet sich eine Wärmeträgerflüssigkeit, die sich durch die Umgebungswärme erwärmt und anschließend zur Wärmepumpe transportiert wird.
Flächenkollektoren hingegen werden horizontal knapp unter der Frostgrenze in der Erde verbaut – in etwa 1 bis 2 Metern Tiefe. In den Kollektoren zirkuliert ein Sole-Gemisch, das die Wärme aufnimmt und zur Wärmepumpe transportiert. Für ausreichend Erdwärmegewinnung sind sehr viele Erdwärme-Flächenkollektoren und dementsprechend eine große Grundstücksfläche nötig.
Die Wärmepumpe hebt die Temperatur anschließend auf ein nutzbares Niveau an.
Tipp: In unserem Magazinartikel über die Funktionsweise und Arten von Wärmepumpen erhalten Sie viele weitere Informationen rund um das nachhaltige Heizsystem. Sie haben Interesse an einer Wärmepumpe für Ihr Zuhause? Dann informieren Sie sich über swb Wärme pro.


2. Kommerzielle Nutzung durch Geothermiekraftwerke
In Geothermiekraftwerken wird Erdwärme für die Erzeugung von Strom, Kälte oder Wärme genutzt. Dies kann auf zwei Weisen erfolgen: hydrothermal oder petrothermal, wobei die hydrothermale Geothermie deutlich etablierter ist.
Bei der hydrothermalen Geothermie werden unterirdische Quellen gesucht, die mit heißem Wasser bzw. Wasserdampf gefüllt sind. Dieses Wasser wird an die Oberfläche gepumpt, zur Aufheizung eines Arbeitsmediums genutzt und wieder zurückgespeist.
Bei der petrothermalen Geothermie wird kaltes Wasser unterirdisch in heiße Gesteinsschichten gepumpt. Sobald es sich erhitzt hat, wird es wieder an die Oberfläche befördert, um zum Beispiel für Fernwärme genutzt zu werden.
Tipp: Erfahren Sie in unserem Beitrag zu Fernwärme noch mehr über das Thema oder informieren Sie sich bei uns über Fernwärme in Bremen & Bremerhaven.
3. Enhanced Geothermal Systems (kommerziell)
Noch einen Schritt weiter als die petrothermale Geothermie gehen Enhanced Geothermal Systems (EGS). Dabei wird durch sogenannte „hydraulische Stimulation“ eine künstliche Rissbildung in den tiefen Gesteinsschichten forciert, damit eine Wasserzirkulation wie bei der hydrothermalen Geothermie möglich ist.
Vor- und Nachteile von Geothermie
Vorteile von Geothermie
1. Umweltfreundlich
Die Nutzung von Erdwärme verursacht keine direkten Emissionen und benötigt keinen Brennstoff. Bei Geothermiekraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung wird außerdem der Wirkungsgrad weiter verstärkt, was die Erdwärme noch effizienter und umweltfreundlicher macht.
2. Wetterunabhängig
Die Wärmegewinnung mithilfe von Geothermie ist ganzjährig und unabhängig von Wetterbedingungen möglich. Somit kann Geothermie eine konstante Grundversorgung liefern.
3. Wartungsarm
Anlagen zur geothermalen Energieerzeugung brauchen nur wenig Wartung. Das heißt, dass Geothermieanlagen deutlich rentabler sind, wenn sie über mehrere Jahre hinweg genutzt werden – trotz der hohen Anschaffungs- und Installationskosten.
Nachteile von Geothermie
1. Hohe Initialkosten
Die anfänglichen Kosten für Erdwärmeanlagen sind sehr hoch – auch im Rahmen der privaten Nutzung. Denn neben einer Wärmepumpe und den Bohrungen braucht es oft auch ein gründliches Gutachten des Bodens.
2. Standortabhängig
Erdwärme ist nicht überall nutzbar. Denn für die Erdwärmenutzung muss der Boden mehrere Bedingungen erfüllen. Er muss zum Beispiel eine gewisse Wärmeleitfähigkeit aufweisen, die mit der Durchlässigkeit des Bodens zusammenhängt.
3. Seismische Risiken
Trotz voriger Untersuchung und Prüfung des Bodens können seismische Aktivitäten nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden – besonders bei der Tiefengeothermie. Das Risiko von unterirdischen Erschütterungen oder Verschiebungen muss bei Geothermie stets überwacht werden.
Fazit
Geothermie ist eine umweltfreundliche und emissionsfreie Energiequelle, die ganzjährig verfügbar ist – und das unabhängig von Wetter oder Tageszeit. Das Heizen mit Geothermie in Form von Erdwärmepumpen gewährleistet eine stabile Grundversorgung und kann auf lange Sicht eine effiziente und wartungsarme Lösung sein.
Demgegenüber stehen vergleichsweise hohe Anfangsinvestitionen sowie – je nach Region – technisch-geologische Limitierungen. Deshalb macht Geothermie auch nur etwa zehn Prozent des Anteils der erneuerbaren Energien in Deutschland aus. Bisherige Planungen der Bundesregierung sehen jedoch vor, bis 2030 bis zu 100 Geothermieprojekte umzusetzen bzw. zu unterstützen.
FAQs
Häufige Fragen und Antworten
Wie viel kostet eine Erdwärmepumpe?@Model.QuestionTag>
Die Anschaffung einer Erdwärmepumpe kann beispielsweise 15.000 bis 20.000 Euro kosten. Hinzu kommt die Installation von Erdkollektoren oder -sonden mit mehreren Tausend Euro sowie jährliche Betriebs- und Wartungskosten. Die vergleichsweise hohen Kosten für Erdwärme können sich aber beispielsweise nach 15 Jahren amortisiert haben. Preise variieren jedoch nach individuellen Gegebenheiten. Welche Kosten genau anfallen, sollte deshalb für den konkreten Fall mit Fachleuten vorab besprochen werden.
Gibt es staatliche Förderungen für Erdwärmepumpen?@Model.QuestionTag>
Ja, bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) können Sie finanzielle Unterstützung für die Nutzung von Erdwärme beantragen.
Kann eine Erdwärme-Wärmepumpe nur heizen oder auch kühlen?@Model.QuestionTag>
Sofern es sich um eine reversible Wärmepumpe handelt, kann diese nicht nur heizen, sondern in Kombination mit einer Fußbodenheizung auch kühlen.
Wie sicher ist Geothermie?@Model.QuestionTag>
Die Nutzung von Geothermie gilt als sehr sicher. Auch wenn es theoretisch zu seismischen Problemen kommen kann, ist dies in der Praxis überaus selten.
Kann die Radioaktivität bei Geothermie gefährlich sein?@Model.QuestionTag>
Die Wärme im Erdinneren kommt auch durch den Zerfall radioaktiver Stoffe zustande. Dieses stellt bei der oberflächennahen Geothermie kein Problem dar und ist auch bei der Tiefengeothermie aufgrund einer sehr kurzen Halbwertszeit von Radon ungefährlich. Falls aus dem Wasserkreislauf der Geothermieanlage Feststoffe entnommen werden, müssen diese auf ihre Radioaktivität überprüft werden.
Wie tief muss bei Geothermie gebohrt werden?@Model.QuestionTag>
Die Tiefe der Bohrung ist abhängig von der Art der Geothermie. Bei oberflächennaher Geothermie wird maximal 400 Meter tief gebohrt, bei der Tiefengeothermie bis zu 5.000 Meter tief.
Brauche ich eine Genehmigung für eine Erdwärmeanlage?@Model.QuestionTag>
Ja, in der Regel wird bei tiefen Bohrungen mit Erdsonden eine Genehmigung durch die Untere Wasserbehörde oder die zuständige Kreisverwaltungsbehörde verlangt.
Wie effizient sind Erdwärme-Wärmepumpen?@Model.QuestionTag>
Die Effizienz von Erdwärmepumpen ist sehr hoch. Sie gehören mit einer JAZ von etwa 3,5 bis 5 zu den effizientesten Wärmepumpen. JAZ steht für die „Jahresarbeitszahl“, die das Verhältnis von eingesetzter zu gewonnener Energie angibt.
Wie effizient sind Geothermiekraftwerke?@Model.QuestionTag>
Geothermiekraftwerke haben im Vergleich einen eher niedrigen Wirkungsgrad von etwa 15 Prozent. Allerdings brauchen sie keinen Brennstoff und können das ganze Jahr über betrieben werden. Der Wirkungsgrad und somit die Effizienz kann außerdem durch Kraft-Wärme-Kopplung noch deutlich gesteigert werden.
Wo ist die Geothermie besonders weit verbreitet?@Model.QuestionTag>
Für die Nutzung von Geothermie zur Wärme- und/oder Stromerzeugung gelten weltweit die USA oder China und in Europa Island, die Türkei und Schweden als Vorreiter.
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* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.