Als Geothermie wird die Nutzung der Erdwärme zur Energiegewinnung in Form von Strom, Wärme oder Kälte bezeichnet. Die Erdwärme kommt durch die Wärme im Inneren der Erde sowie durch den Zerfall radioaktiver Stoffe zustande.
Übrigens: Auf dem Weg in die Tiefe steigt die Temperatur pro 100 m um etwa drei Grad Celsius.
Bei Erdwärme wird zwischen der Tiefengeothermie und der oberflächennahen Geothermie unterschieden. Das unterscheidet beiden Geothermiearten:
Oberflächennahe Geothermie
Erdwärmenutzung aus bis zu 400 Metern Tiefe wird als oberflächennahe Geothermie bezeichnet und ist Teil der Umgebungswärme. Diese Art der Geothermie wird primär bei privaten Wohnhäusern oder kleineren Gebäuden eingesetzt.
Die Funktionsweisen zur Nutzung von Erdwärme unterscheiden sich je nach Art der Geothermie. Wir zeigen Ihnen, wie die Erdwärmegewinnung mit Wasser als Medium funktioniert.
1. Bohrungen & Rohre verlegen
Zunächst einmal müssen Bohrungen in die Erde erfolgen. Wie tief gebohrt werden muss, hängt von der Nutzungsweise ab. Danach werden spezielle Rohre verlegt, die der Hitze und dem Druck im Erdinneren standhalten können.
2. Wärmeaufnahme im Erdreich
Sind die Rohre verlegt, wird die Erdwärme meist über Wasser in den Rohren aufgenommen. Dafür wird entweder kaltes Wasser durch die heißen Gesteinsschichten in der Tiefe erhitzt oder heißes, unterirdisches Wasser aus natürlichen Wasserreservoirs entnommen und an die Oberfläche gepumpt.
3. Transport zur Turbine
An der Oberfläche treibt der Dampf vom heißen Wasser eine Turbine mit Generator an, mit dem Strom erzeugt wird. Alternativ überträgt das heiße Wasser seine Wärme auf ein sogenanntes „Arbeitsmedium“ – ein Gas oder eine Flüssigkeit, welches bzw. welche leicht Wärme aufnimmt. Teilweise werden auch beide Methoden vereint, um möglichst viel Erdwärme zu gewinnen.
4. Rückführung des Wassers
Nachdem das heiße Wasser seine Wärmeenergie abgegeben hat und abgekühlt ist, wird es zurück in die Erde transportiert. Dort kann es sich wieder aufheizen und der Kreislauf beginnt von vorn.
Übrigens: Weil der Siedepunkt von Wasser mit 100 Grad Celsius sehr hoch liegt, werden teilweise andere Flüssigkeiten als Arbeitsmedium genutzt (Organic Rankine Cycle). Eine beliebte Methode ist die Verwendung eines Ammoniak-Wasser-Gemischs (Kalina Cycle), welches schneller verdampft und effizienter Turbinen antreiben kann.
1. Wärmepumpe
Wärmepumpen nutzen die Umgebungswärme, um zum Beispiel das Haus zu heizen. Bei oberflächennaher Geothermie werden dabei Erdwärmesonden oder Erdwärme-Flächenkollektoren installiert.
Für Erdwärmesonden muss vertikal tief in den Boden gebohrt werden, um die Sonde zu installieren und Wärme aus dem Erdreich zu beziehen.
Die Flächenkollektoren hingegen werden horizontal oberflächennah unter der Erde verbaut. Je nach Wärmebedarf ist eine bestimmte Grundfläche mit Erdwärme-Flächenkollektoren nötig.
Tipp: Mehr zu verschiedenen Arten von Wärmepumpen erfahren Sie in unserem Beitrag über die Funktionen der Wärmepumpe. Sie haben Interesse an einer Wärmepumpe für Ihr Zuhause? Dann schauen Sie bei swb Wärme pro vorbei!
2. Geothermiekraftwerke
In Geothermiekraftwerken wird Erdwärme für die Erzeugung von Strom, Kälte oder Wärme genutzt. Dies kann auf zwei Weisen erfolgen: hydrothermal oder petrothermal, wobei die hydrothermale Geothermie deutlich etablierter ist.
Bei der hydrothermalen Geothermie werden unterirdische Quellen gesucht, die mit heißem Wasser bzw. Wasserdampf gefüllt sind. Dieses Wasser wird an die Oberfläche gepumpt, zur Aufheizung eines Arbeitsmediums genutzt und wieder zurückgespeist.
Bei der petrothermalen Geothermie wird kaltes Wasser unterirdisch in heiße Gesteinsschichten gepumpt. Sobald es sich erhitzt hat, wird es wieder an die Oberfläche befördert, um zum Beispiel für Fernwärme genutzt zu werden.
Tipp: Erfahren Sie in unserem Beitrag zu Fernwärme noch mehr über das Thema oder informieren Sie sich bei uns über Fernwärme in Bremen & Bremerhaven.
3. Enhanced Geothermal Systems
Noch einen Schritt weiter als die petrothermale Geothermie gehen Enhanced Geothermal Systems (EGS). Dabei wird durch sogenannte „hydraulische Stimulation“ eine künstliche Rissbildung in den tiefen Gesteinsschichten forciert, damit eine Wasserzirkulation wie bei der hydrothermalen Geothermie möglich ist.
Vorteile von Geothermie
1. Umweltfreundlich
Die Nutzung von Erdwärme ist sehr nachhaltig, denn sie verursacht keine direkten Emissionen und benötigt keinen Brennstoff. Bei Geothermiekraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung wird außerdem der Wirkungsgrad nochmal verstärkt, was die Erdwärme noch effizienter und umweltfreundlicher macht.
2. Wetterunabhängig
Während es zum Beispiel bei der Photovoltaik vom Wetter abhängt, ob Solarenergie erzeugt werden kann, ist Erdwärme ganzjährig zu jeder Zeit nutzbar. Somit kann Geothermie eine konstante Grundversorgung liefern.
3. Wartungsarm
Anlagen zur geothermalen Energieerzeugung brauchen nur wenig Wartung. Das heißt, dass Geothermieanlagen deutlich rentabler sind, wenn sie über mehrere Jahre hinweg genutzt werden – trotz der sehr hohen Anschaffungs- und Installationskosten.
Nachteile von Geothermie
1. Hohe Initialkosten
Wie gerade erwähnt, sind die anfänglichen Kosten für Erdwärme sehr hoch. Neben einer Wärmepumpe braucht es aufwändige Bohrungen und oft auch ein gründliches Gutachten des Bodens sowie ggf. Probebohrungen.
2. Standortabhängig
Erdwärme ist nicht überall nutzbar. Denn für die Erdwärmenutzung muss der Boden mehrere Bedingungen erfüllen. Er muss zum Beispiel eine gewisse Wärmeleitfähigkeit aufweisen, die mit der Durchlässigkeit des Bodens zusammenhängt.
3. Seismische Risiken
Trotz voriger Untersuchung und Prüfung des Bodens können seismische Aktivitäten nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden – besonders bei der Tiefengeothermie. Das Risiko von unterirdischen Erschütterungen oder Verschiebungen muss bei Geothermie stets überwacht werden.
Geothermie ist eine umweltfreundliche und emissionsfreie Energiequelle, die ganzjährig verfügbar ist – und das unabhängig von Wetter oder Tageszeit. Das Heizen mit Geothermie in Form von Erdwärmepumpen gewährleistet eine stabile Grundversorgung und kann auf lange Sicht eine effiziente und wartungsarme Lösung sein.
Demgegenüber stehen vergleichsweise hohe Anfangsinvestitionen sowie – je nach Region – technisch-geologische Limitierungen. Deshalb macht Geothermie auch nur etwa zehn Prozent des Anteils der erneuerbaren Energien in Deutschland aus. Bisherige Planungen der Bundesregierung sehen jedoch vor, bis 2030 bis zu 100 Geothermieprojekte umzusetzen bzw. zu unterstützen.
Häufige Fragen und Antworten
Die Anschaffung einer Erdwärmepumpe kann beispielsweise 15.000 bis 20.000 Euro kosten. Hinzu kommt die Installation von Erdkollektoren oder -sonden mit mehreren Tausend Euro sowie jährliche Betriebs- und Wartungskosten. Die vergleichsweise hohen Kosten für Erdwärme können sich aber beispielsweise nach 15 Jahren amortisiert haben. Preise variieren jedoch nach individuellen Gegebenheiten. Welche Kosten genau anfallen, sollte deshalb für den konkreten Fall mit Fachleuten vorab besprochen werden.
Ja, bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) können Sie finanzielle Unterstützung für die Nutzung von Erdwärme beantragen.
Sofern es sich um eine reversible Wärmepumpe handelt, kann diese nicht nur heizen, sondern in Kombination mit einer Fußbodenheizung auch kühlen.
Die Nutzung von Geothermie gilt als sehr sicher. Auch wenn es theoretisch zu seismischen Problemen kommen kann, ist dies in der Praxis überaus selten.
Die Wärme im Erdinneren kommt auch durch den Zerfall radioaktiver Stoffe zustande. Dieses stellt bei der oberflächennahen Geothermie kein Problem dar und ist auch bei der Tiefengeothermie aufgrund einer sehr kurzen Halbwertszeit von Radon ungefährlich. Falls aus dem Wasserkreislauf der Geothermieanlage Feststoffe entnommen werden, müssen diese auf ihre Radioaktivität überprüft werden.
Erdkollektoren werden sehr oberflächennah verlegt. Soll jedoch eine Erdsonde installiert werden, muss je nach geologischen Gegebenheiten ca. 50 bis 400 Meter tief gebohrt werden.
Ja, in der Regel wird bei tiefen Bohrungen mit Erdsonden eine Genehmigung durch die Untere Wasserbehörde verlangt.
Die Effizienz von Erdwärmepumpen ist sehr hoch. Sie gehören mit einer JAZ von etwa 3,5 bis 5 zu den effizientesten Wärmepumpen. JAZ steht für die „Jahresarbeitszahl“, die das Verhältnis von eingesetzter zu gewonnener Energie angibt.
Geothermiekraftwerke haben im Vergleich einen eher niedrigen Wirkungsgrad von etwa 15 Prozent. Allerdings brauchen sie keinen Brennstoff, können das ganze Jahr über betrieben werden und der Wert kann durch Strom- und Wärmeerzeugung sowie durch Kraft-Wärme-Kopplung noch deutlich gesteigert werden, wodurch die Geothermie dann sehr effizient ist.
Für die Nutzung von Geothermie zur Wärme- und/oder Stromerzeugung gelten weltweit die USA oder China und in Europa Island, die Türkei und Schweden als Vorreiter.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.