Der Begriff „bidirektional“ bedeutet „in zwei Richtungen“. Im Kontext des E-Autos bezeichnet das bidirektionale Laden also das Laden in zwei Richtungen. Dieses bietet Elektrofahrzeugen die Möglichkeit, Strom nicht nur aufzunehmen und für den Antrieb zu verbrauchen, sondern ihn bei Bedarf auch wieder abgeben zu können.
Die Abgabe ist dabei das Entscheidende, denn so kann der Strom der Batterie im E-Auto als Energiequelle für diverse Zwecke dienen. E-Autos mit bidirektionaler Ladefunktion werden auch als „rückspeisefähig“ klassifiziert.
Damit das bidirektionale Laden beim E-Auto funktioniert, sind verschiedene technische Grundlagen erforderlich. Folgendes muss gegeben sein:
1. Ein entsprechendes Fahrzeug
Natürlich braucht es für das Laden in zwei Richtungen ein Auto, das Strom nicht nur aufnehmen, sondern auch abgeben kann. Elektrofahrzeuge wie der Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 und VW ID können bereits bidirektional laden.
Übrigens: Bei Hybriden ist das bidirektionale Laden in der Regel aufgrund der zu kleinen Batterie nicht möglich. Mehr über Hybrid-Autos erfahren Sie in unserem Magazinbeitrag.
2. Ein smartes Batteriemanagementsystem (BMS)
Damit die Batterie im E-Auto nicht kaputt geht, muss das Fahrzeug ein intelligentes Batteriemanagementsystem haben. Dieses kontrolliert, wann geladen wird, und schützt die Batterie beim Auf- und Entladen vor Überlastung.
3. Einen Kommunikationsstandard
Damit E-Auto und Wallbox miteinander kommunizieren können, gibt es die ISO 15118. Diese sorgt für eine einheitliche und sichere Kommunikation per Schnittstelle zwischen Wallbox und Elektroauto. Sie ermöglicht die Vehicle-to-Grid- sowie die Plug-&-Charge-Funktion, welche Ladekarten für E-Autos durch ID-Erkennung überflüssig macht.
4. Eine bidirektionale Wallbox
Nicht nur das Fahrzeug muss das Laden in zwei Richtungen unterstützen, sondern auch die Wallbox. Das Wichtigste dabei ist, dass die Wallbox nicht nur den Wechselstrom aus dem Haus für das E-Auto in Gleichstrom umwandeln kann, sondern auch umgekehrt. Bei uns von swb finden Sie nicht nur normale, sondern auch bidirektionale Wallboxen, die ISO 15118 ready sind. Schauen Sie dafür bei swb Wallbox komfort vorbei.
Übrigens: Für das Laden in zwei Richtungen im öffentlichen Raum sind bidirektionale Ladesäulen erforderlich.
5. Sonstiges
Damit Strom in das Netz eingespeist werden kann und auch die korrekte Menge an Strom ordnungsgemäß gemessen wird, braucht es einen Netzanschluss, einen entsprechenden Zweirichtungszähler und die Genehmigung vom Netzbetreiber.
Tipp: Um mit dem E-Auto noch nachhaltiger unterwegs zu sein, kann eine hauseigene PV-Anlage hilfreich sein.
Für bidirektionales Laden muss ein E-Auto V2X-fähig sein. V2X steht für „Vehicle to X“ und bezeichnet die Abgabe des Stroms an ein externes Gerät, Haus, Auto oder sogar Stromnetz. Um das zu verstehen, schauen wir uns die gängigsten Arten von V2X beim bidirektionalen Laden einmal genauer an.
1. Vehicle to Load (V2L)
Dies ist die einfachste Methode des bidirektionalen Ladens und sie wird auch „Vehicle to Device“ (V2D) genannt. Dabei ist entweder ein Schuko- oder Typ-F-Steckdose mit 230 Volt an der Außenseite des E-Autos verbaut oder auf den Ladeanschluss lässt sich ein Adapter anschließen, sodass die Batterie des E-Autos Geräte mit Strom versorgen kann. Dies kann beispielsweise beim Campingausflug hilfreich sein.
2. Vehicle to Home (V2H)
Wird bei Vehicle to Home das E-Auto an die Wallbox des Hauses angeschlossen, so kann das Auto als Energiespeicher genutzt werden und Strom ins Haus einspeisen. Dies kann im Falle eines Stromausfalls hilfreich sein, um Stunden oder sogar Tage überbrücken zu können.
Übrigens: Wird dieses Verfahren bei öffentlichen Gebäuden genutzt, ist auch von „V2B“ also „Vehicle to Building“ die Rede.
3. Vehicle to Grid (V2G)
Beim Vehicle to Grid wird bidirektionales Laden genutzt, um das Stromnetz zu stabilisieren. Bei einem Überangebot an Strom, Energie wird dann Strom in den Akkus von bidirektional angeschlossenen E-Autos gespeichert. Das kann beispielsweise an heißen Sommertagen passieren, wenn es durch viele Sonnenstunden ein Überangebot an Solarstrom an der Strombörse gibt.
Andersherum kann bei einem Unterangebot oder Leistungsschwankungen im Netz Strom aus den Autos entzogen werden. Das wäre zum Beispiel bei Carsharing-Autos unproblematisch, da diese lange Zeit ungenutzt stehen und der nächste Einsatz planbar ist.
4. Vehicle to Vehicle (V2V)
Eine weitere Variante ist die direkte Stromübertragung von E-Auto zu E-Auto. Schafft es ein E-Auto mal doch nicht mehr zur nächsten Ladesäule und bleibt liegen, so könnte ein anderes E-Auto mit bidirektionaler Ladefunktion Starthilfe leisten.
Vorteile des bidirektionalen Ladens
Das bidirektionale Laden bietet einige Chancen. Es kann Stromnetze stabilisieren helfen oder Endverbrauchenden, unabhängiger vom Stromnetz zu sein. Der für das Laden und Entladen erforderliche Standard ist bereits in der ISO15118 festgelegt, jedoch sind dadurch noch nicht alle Fragen geklärt.
Wird beispielsweise für das Einspeisen von Strom aus dem E-Auto eine Einspeisevergütung gezahlt? Wann und in welchem Maße dürfen Netzbetreiber E-Autos zum Ausgleich bei Schwankungen nutzen? Verfallen durch die vermehrten Lade- und Entladezyklen der Batterien die Garantieansprüche? Damit sich bidirektionales Laden in der Breite durchsetzt, muss es hierauf Antworten geben.
Wo das bidirektionale Laden bereits im großen Maßstab umgesetzt wird, ist in der niederländischen Stadt Utrecht. Unter der Initiative „Utrecht Energized“ werden dort erstmals in Europa Carsharing-Autos genutzt, um mithilfe von Vehicle to Grid die Netzstabilität vor Ort zu unterstützen – und das mit Erfolg. Das zeigt, welches Potenzial E-Autos als Energiespeicher haben können.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.